Hurghada International: Aus einer anderen Sicht …
… haben wir nun noch eine kleine Nachlese zu den Hurghada International, dem Turnier zwischen Pyramiden und Strand. Über den ägyptischen Doppelerfolg von Omneya Abdel Kawy (bei den Damen) und Ramy Ashour (bei den Herren), hatten wir bereits berichtet – allerdings anhand reiner Ergebnisberichterstattung, da die Redaktion – nicht wie bei den Super Series Finals in London – vor Ort hat sein können. Bereits vom Halbfinale erhielten wir einen authentischen Live-Bericht vom Ägypten-Urlauber und Squashszenekenner Oliver Orlicki.
Und auch das Finale kommentierte der momentan vom DSQV-Schiedsrichter-Ausschuss „auf Eis gelegte“ Squash-Fan Orlicki.
Vorweg gestand der in Ungnade Gefallene in seiner Mail an die Redaktion noch: „Ich habe meine Sperre damals auch akzeptiert, aber seit Januar 2008 kämpfe ich darum, beim DSQV-Schirisausschuss endlich wieder ‚freigelassen’ zu werden. Man hat mir wenigstens in Aussicht gestellt bei der nächsten DEM, also in 3 Wochen, über mich zu beraten, allerdings ergebnisoffen.“
Stein des Anstoßes war damals Orlickis Reaktion auf Beleidigungen seiner Person in Internetforen, auf die er nach Ansicht des DSQV – für einen offiziellen Schiedsrichter des DSQV – unangemessen reagiert hatte.
Ob der „Squashverrückte“ Orlicki beim Schiedsen wieder sobald zum Einsatz kommen wir, können wir nicht beurteilen, aber wenn er solange authentische Turnier-Geschichten liefert, kann es uns nur recht sein:
“Hier melde ich mich also mit einem Bericht über den Endspieltag. Nicht nur das Herrenergebnis habe ich vorausgesehen, liebe squashnet-Redaktion, sondern auch die von mir erwartete Unmöglichkeit der Vorhersage des Ergebnisses des Damen-Spiels ist ja eingetreten, denn Omneya Abdel Kawy siegte nach 63 Minuten mit 12:10 im 5. Satz, nachdem sie im 4. Satz schon 2 Matchbälle nicht nutzen konnte und im 5. Satz Rachael Grinham lange in Führung lag. :-)
Das Spiel war auf beiden Seiten sehr von Nervosität geprägt. Kawy, wie immer, abwechselnd mit Weltklassepunkten und Kreisklasse-Fehlern und Grinham solide, aber in meinen Augen langweilig. Vor allem hatte Rachael sich nach dem verschlafenem 1. Satz eine eigenartige Taktik mit ihrer Beraterin, der englischen Spielerin Jenny Duncalf (gegen die Kawy genauso knapp im Halbfinale gewann), zurechtgelegt.
Obwohl Kawy für mich die beste Volleyspielerin in der gesamten Damen-Squashwelt ist (zumindest von den Frauen, die ich kenne), hat Rachael Grinham danach im ganzen Spiel aus den unmöglichsten Situationen Lobs gespielt.
Im Nachhinein betrachtet, war diese Taktik dann aber wohl doch nicht so schlecht, denn sie spielte die Lobs so hoch, dass man scherzhaft sagen könnte, dass in unseren Breitengraden Schnee auf dem Ball gelegen hätte, als er im hinteren Courteck wieder runterkam.
Naja, im 2. Satz konnte Kawy damit nix anfangen und verlor den Satz klar. Im 3. Satz waren Rachaels Lobs schlecht und so ging dieser Satz locker an Kawy. Danach sah es lange nach einem glatten Durchmarsch für Kawy aus, bis sie bei ihren ersten 2 Matchbällen wieder den Zitterarm bekam und Grinham zum 2:2 ausglich.
Im entscheidenden 5. Satz führte Grinham lange Zeit, bis Kawy ihre Volleysicherheit zurückgewann und ich glaube auch, dass Rachael Grinham ihrem laufintensiven Spiel, nach einer Stunde Spielzeit, Tribut zollen musste. Kawy ging 9:8 erstmals in Führung, ‚versemmelte’ dann bei 10:8 und 10:9 den 3. und 4. Matchball, um den Sack dann endlich mit dem 5. Matchball zum 12:10 zuzumachen.
Das ägyptische Publikum, welches auch gegenüber Rachael Grinham und den ägyptischen Schiris fair blieb (wenn diese Entscheidungen zu Gunsten Grinhams fällten) feierten Kawy mehr als diese ihren eigenen Sieg. Kawy nahm alles recht emotionslos, allerdings mit einer herzlichen Umarmung für ihre Gegnerin zur Kenntnis.
Ganz anderes ging dann die Post ab beim Herren-Endspiel des Ägypter Ramy Ashour gegen den Franzosen Gregory Gaultier.
Da wurde Ashour von einer Horde moslemisch verhüllter Mädels wie ein Popstar angefeuert, teilweise mitten im Ballwechsel, so dass der Schiedsrichter mehrfach zur Ruhe mahnen musste. Mag sein, dass das unruhige Publikum Gregory Gaultier mehr in seiner Konzentration gestört hatte als Ashour, aber spielentscheidend war das nach meiner Überzeugung nicht.
Im ersten Satz machte Ashour den Fehler sich mit Gaultier auf Rückhand-Longline-Rallys einzulassen und verlor den 1. Satz, der eigentlich etwas belanglos dahin plätscherte. Da dachte ich schon an die Häme, die mich hier begleiten würde, wenn Gaultier das Spiel gewinnen würde, obwohl ich einen klaren Sieg für Ashour vorausgesagt hatte.
Im 2. und 3. Satz spielte Ashour dann aber wie verwandelt, wie schon im Halbfinale gegen Shabana – Nickshots aus allen möglichen und auch unmöglichen Winkeln und dagegen sah Gaultier kein Land.
Im 4. Satz merkte dann auch Gaultier, dass er nur mit Rückhand-Longline-Bällen das Spiel gegen Ashour (im Gegensatz zum Halbfinale gegen Darwish) nicht würde gewinnen können und so gestaltete sich dieser Satz dann doch noch ein wenig ausgeglichener, aber letztendlich setze sich auch hier der Ramy Ashour verdient durch.
Nach dem verwandelten Matchball ließ sich Ashour von ’seinem’ Publikum auch ausgiebig feiern, vergaß aber beinahe das obligatorische Shake-hand mit dem Gegner. Erst als Gaultier nach sekundenlangem Warten an der Court-Türe fast schon aus dem Court raus war, bequemte sich Ashour doch noch, dem Unterlegenen die Hand zu schütteln.
An Gaultier gab es in dieser Hinsicht dieses Mal nix auszusetzen, denn er sah, dass der Schiri am Mikrofon (3-Schiri-System) derselbe war wie bei seinem Halbfinalspiel und dieses Mal verzichtete er auf nutzlose Diskussionen.
Ich hoffe, dass den squashnet-Lesern meine Einlassungen als ‚Hobbyjournalist’ ein wenig gefallen haben“, schrieb Orlicki abschließend und verwies noch darauf, dass er sich jetzt wieder der Sonne und der Kultur zuwenden werde.