Tag der Auferstehungen!
Wärend es im Damenfeld der World Open in Rotterdam zwei Überraschungen gab, waren es bei den Herren “nur” drei „Beinahe-Überraschungen“, die dadurch verhindert wurden, dass die beiden Ägypter Amr Shabana (WRL 4) und Ramy Ashour (WRL 2) sowie der Franzose Greg Gaultier (WRL 5) nach jeweiligem 0:2-Satzrückstand aus dem Nichts zurück ins Spiel fanden.
Am Tag zwei der Runde der letzten 16 kam es zum Aufeinandertreffen des viermaligen World-Open-Siegers Amr Shabana mit seinem ägyptischen Landsmann Hisham Ashour (WRL 14). Ashour übernahm mit einem wahren Feuerwerk an Trick- und Kunstschlägen die 2:0-Satzführung , ohne dass Shabana auch nur den Hauch einer Chance hatte, dies zu verhindern.
Allerdings ermüdete Ashour im Laufe der Zeit ein wenig und es schlichen sich Fehler ein – diese Chancen nutze Shabana eiskalt aus und brachte das Match noch einmal zu einem für ihn positiven Ende. „Ich wusste nicht, was ich tun sollte, fast jeder Ball war am Anfang unerreichbar“, sagte Shabana. Auf die Frage hin, was er beim 0:2-Rückstand als erstes dachte, antwortete der Ägypter in seiner unverwechselbaren Art: „Ich habe überlegt, ob es heute Abend noch einen Heimflug gibt oder ob ich die nächste Maschine morgen früh nehmen muss“.
Waren im vorangegangenen Spiel die Sympathien der Zuschauer gleichmäßig verteilt, so änderte sich dies im Match zwischen dem niederländischen Lokal-Matadoren Laurens Jan Anjema (Bild re, WRL 11) und Greg Gaultier (Bild li) schlagartig. Die Stimmung der Zuschauer hatte auch Einfluss auf das Spielgeschehen. Während sich Gaultier von den lautstarken Anjema-Fans – wahrscheinlich 820, der 868 Zuschauer – und dem körperlich robusten Spiel des Niederländers beeindrucken ließ, war dieser aufgeputscht und motiviert bis in die Haarspitzen.
Allerdings reichte das „Fan-Doping“ nur bis zur 2:0-Führung, danach spielte Gaultier deutlich abgeklärter und Anjema machten die ersten beiden Sätze im „Vollgas-Modus“ schwer zu schaffen. „The Dutch Robocop is running out of oil“, war die überspitzte Bemerkung von PSA-TV-Kommentator Joey Barrington zu den nachlassenden Kräften von Anjema. Gaultier hatte dann auch kaum Probleme, Satz drei und vier zu gewinnen und sich eine 7:3-Führung im fünften Satz herauszuspielen. Zwar bekam der Niederländer noch einmal eine zweite Luft, doch den 3:2-Sieg des Franzosen konnte er zum Leidwesen seiner Fans nicht verhindern.
Der Ägypter Ramy Ashour überstand bereits eine Runde zuvor gegen den Schweizer Nicolas Müller (WRL 22) einen 0:2-Rückstand und dass er dies erneut schaffte, zeigt seine Klasse. Insbesondere deshalb, weil der Weltranglistenzweite weiterhin durch eine Oberschenkelverletzung gehandicapt schien. Gegner Alister Walker (BOT, WRL 20) nutzte die Situation zunächst aus und versuchte Ashour mit abwechselnd kurzen und langen Bällen zum Laufen zu bringen. Dies funktionierte auch gut bis zur 2:0-Führung und zum 9:9 im dritten Satz.
Angesichts der drohenden Niederlage spielte Ashour erneut die „Big Points“ exzellent, wendete die Niederlage ab und hatte anschließend das Spiel bis zum 3:2-Sieg weitgehend im Griff.
Im Spiel des Engländers James Willstrop (WRL 3) keine Mühe den Junioren-Weltmeister Marwan El Shorbagy (WRL 53) 3:0 auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.
Bei den Damen gelang es der Malayin Low Wee Wern (WRL 14), die an Position sieben gesetzte Französin Camille Serme (WRL 9) 3:1 zu besiegen und somit – wie im vergangenen Jahr – ins Viertelfinale einer World Open einzuziehen.
Die Niederländerin Natalie Grinham (WRL 10) war bereits sieben Mal in einem World-Open-Viertelfinale – in den Jahren 2004, 2006 2007 und 2009 sogar Vizeweltmeisterin –, doch diesmal war es etwas besonderes, weil sie es 18 Monate nach ihrer Babypause schaffte. Mit dem 3:0-Sieg über die favorisierte Irin Madeline Perry (WRL 3) hielt sie außerdem weiterhin die Hoffnungen der niederländischen Fans am Leben.
Titelverteidigerin Nicol David machte auf dem Weg zu ihrem sechsten World-Open-Titel kurzen Prozess mit der 15-jährigen Ägypterin Nour El Sherbini (WRL 29) und die an Position sechs gesetzte Kasey Brown (WRL 6) hatte ein paar Probleme, die Ägypterin Raneem El Weleily (WRL 8) in fünf Sätzen auszuschalten.