Ägyptisches World-Championship-Finale!
Im Vorfeld der mit 325.000 US Dollar dotierten PSA World Championship, in Doha gab es bereits einen medialen Schlagabtausch zweier Titelfavoriten, dem dreifachen World Champion (2010, 2011 und 2013) und ehemaligem Weltranglistenersten, Nick Matthew (ENG, WRL 3), und dem derzeitigen Weltranglistenersten, Mohamed Elshorbagy (EGY). Nun standen sich genau die beiden im Halbfinale gegenüber. Im anderen Halbfinale vervollständigten Greg Gaultier (FRA, WRL 2) und Ramy Ashour (EGY, WRL 5) die Halbfinalpaarungen – diese beiden gaben sich im Vorfeld recht gelassen.
Ashour – Gaultier: Vorentscheidung fiel bereits im ersten Satz!
Im ersten Halbfinale des Abends standen sich der an Position vier gesetzte Ramy Ashour und der topgesetzte Greg Gaultier im Court gegenüber. Gaultier war mit einem überzeugenden 3:0-Viertlfinal-Sieg über Cameron Pilley (AUS, WRL 20) ins Halbfinale eingezogen. Ashour musste gegen Borja Golan (ESP, WRL 7) nach 0:2-Satzrückstand über die volle Distanz von fünf Sätzen gehen. Er hatte wegen einer Verletzung seit den British Open, im Mai diesen Jahres kein Turnier mehr gespielt. Das schien dem zweifachen World Champion (2008 und 2012) aus Ägypten wohl nicht geschadet zu haben: Den mit 35 Minuten dauernden ersten Satz gewann er im Tiebreak mit 17:15. Dies war wohl vorentscheidend, denn danach schien Gaultier, der bereits in vier World-Championship-Endspielen gestanden, aber noch nie gewonnen hatte, zu resignieren. Die Fehlerquote des Franzosen war auf einmal erschreckend hoch. Somit hatte Ashour in den Sätzen zwei und drei verhältnismäßig leichtes Spiel und der Ägypter sicherte sich seinen vierten Finaleinzug.
Elshorbagy ließ seinen Worten Taten folgen!
Das zweite Halbfinale zwischen Nick Matthew und Mohamed Elshorbagy hielt alles, was es im Vorfeld versprach (weiteres dazu weiter unten im Text). Hohes Tempo, präzise variantenreiche Schläge, kurz: Squash auf höchstem Niveau. Der erste Satz ging, wenngleich auch etwas glücklich, mit 11:9 an Elshorbagy. Der zweite Satz war bis zum 4:4 völlig ausgeglichen, bevor der Weltranglistenerste das Tempo anzog, auf 11:5 davoneilte und eine 2:0-Satzführung herausspielte. Im dritten Durchgang schien es Matthew doch noch einmal wissen zu wollen, denn er warf alles in die Waagschale: Die Mühen brachten ihm eine 7:2-Führung ein. Aber dann wiederum das gleiche Spiel wie im Satz zuvor: Elshorbagy zog an, glich aus und gewann den dritten Satz und somit das Match. „Ich bin in der Absicht gekommen, um jeden einzelnen Punkt zu kämpfen, vom Anfang bis zum Ende. Unglaublich, dass ich 3:0 gewonnen habe“, kommentierte Elshorbagy nach dem Match und schob per Twitter nach: „I told Nick at the end, if I win tomorrow it will be honour to put my name on the trophy after yours.” @MoElshorbagy (Übersetzung: Ich sagte Nick am Ende, dass falls ich morgen gewinnen sollte, es mir eine Ehre sein werde, meinen Namen auf dem Pokal unter seinem zu sehen.)
Neuauflage des Finales von 2012!
Somit kommt es zur Neuauflage des Endspiels der World Championship 2012, die an gleicher Stelle ausgetragen wurden. Damals siegte Ashour knapp in fünf Sätzen. Ashour liegt im direkten Vergleich zwar mit 5:2-Siegen vorn, doch Elshorbagy wird sicher alles daran setzen die Revanche von 2012 zu schaffen.
Ab 15.30 Uhr (deutscher Zeit) ist das Finale live bei SquashTV zu sehen.
Matthew und Elshorbagy tauschten bereits im Vorfeld Nettigkeiten aus!
Wie oben bereits erwähnt, gab es im Vorfeld der World Championship schon einen verbalen Schlagabtausch zwischen Nick Matthew und Mohamed Elshorbagy. Dieser begann mit Aussagen der beiden auf den verschiedenen Internetplattformen und setzte sich dann in den sozialen Netzwerken fort. Den Beginn machte ein Interview von Nick Matthew, in dem er lediglich seine Freude über das bevorstehende Saison-Highlight und seine Entschlossenheit, es erneut gewinnen zu wollen, zum Ausdruck brachte. Es folgte ein Interview mit Elshorbagy, in welchem zu lesen war: „Ich weiß, dass Nick immer gewinnen will. Aber ich weiß auch, dass selbst wenn er sein bestes Squash präsentieren wird, er nicht so gut spielen wird, wie er es tat, als er auf seinem Leistungszenit war. Und das Beste von mir habt ihr noch gar nicht gesehen“. Das schien Matthew getroffen zu haben, denn prompt kam seine Antwort über Twitter: „So, ich bin also über meinen Leistungszenit hinweg @MoElschorbagy?“ und weiter in einem weiteren Interview: „Er (Elshorbagy) ist ein extrem starker Spieler, aber ich bin bestens darauf vorbereitet, um damit klar zu kommen.“ Die Antwort Elshorbagys ließ nicht lang auf sich warten: „Ich rate ihm, sich während der Satzpausen zu setzen, um Energie zu sammeln, denn ich werde ein Tempo vorlegen, dass er nicht mitgehen können wird“.
Schließlich folgte der Showdown!
Als dann die Auseinandersetzungen endlich in den Court verlegt wurden, spürte man die Brisanz der Begegnung, die weiter zu gehen schien, als allein schon die eines Halbfinales des bedeutensten Turniers des Jahres. Es drohte ein Generationenwechsel durch die Ablösung eines der erfolgreichsten Spielers aller Zeiten: Nick Matthew hatte 29 PSA-Titel in 61 Finalspielen errungen, darunter drei British-Open-Siege und drei World-Champion-Titel. Er ist seit 2005 ununterbrochen in der Top-Zehn der Welt, davon war er seit 2010 insgesamt 19 Monate die Nummer eins. Diese Ära schien der 23-jährige kaltschnäuzige Ägypter der 34-jährigen englischen Squash-Ikone, im Vorfeld verbal, streitig machen zu wollen. Doch den vielen Worten ließ Mohamed Elshorbagy dann bekanntlich Taten folgen.
England vs. Ägypten!
Zudem könnte noch eine weitere Dimension des Duells hinzu kommen: Die Ägypter sind nicht nur gerade dabei die Weltspitze des Herren-Squashs zu erobern, sondern scheinen die derzeit stärkste Squash-Nation werden zu können. Was hat die ehrwürdige englische Squash-Nation dem noch entgegenzusetzen? Nicht unbedingt gerade viel, man schaue sich nur die Situation in der Weltrangliste hinter Matthew an: Da kommt lange niemand, dem man eine Ära, wie die des Sheffielders zutrauen würde. Selbst die Franzosen könnten den Engländern sogar bald den Rang an der Spitze Europas streitig machen. Dazu kommt das Publikum in Doha, das den ägyptischen Spielern lautstark den Rücken stärkt. Führt das alles nicht vielleicht doch zu einer ungewollten, aber sanft subtilen Unterstützung durch die britischen Referees?
“And if someone could explain to me the confusion at 8-9 in the 1st I would be eternally grateful…..!! :)”
Das twitterte Nick Matthew nach dem Halbfinal-Match in Doha und heißt übersetzt: Und wenn mir jemand die Verwirrung, bei 8-9 im ersten Satz, erklären könnte, wäre ich endlos dankbar. Dann wollen wir mal versuchen zur Aufklärung beizutragen: Elshorbagy verlangte beim Stande von 8:9 ein Let. Er tat dies in der Hoffnung einen Punkt zugesprochen zu bekommen, weil der Engländer einen schlechten Ball spielte und diesen nicht frei geben konnte. Matthew behauptete hingegen, er habe den schlechten Ball gespielt, weil er im Schwung seinen Gegner mit dem Schläger berührt hatte. „Punkt für Matthew“ hieß die erste Entscheidung der Schiedsrichter zunächst. Dabei konnte es sich aber nur um einen Versprecher handeln, denn Elshorbagy verlangte das Let und somit kann eigentlich nur ihm ein Let, ein No-Let oder ein Punkt zugesprochen werden. Elshorbagy beteuerte daraufhin, es habe keine Berührung gegeben, worauf die drei Schiris wieder auf Ball an Elshorbagy entschieden und Hauptschiedsrichter Massarella bestätigte, es habe keinen Kontakt gegeben. Nun war die Konfusion komplett. Matthew verließ den Court und beschwor die Unparteiischen, er habe bei der Ausholbewegung zu seinem Schlag seinen Gegner berührt. Darauf folgte die Entscheidung „Yes Let“, denn die Schiris ließen sich davon überzeugen, dass doch ein Kontakt vorgelegen haben müsse. Elshorbagy, mittlerweile außer sich vor Wut, verlangte dann den „Video Review“, einen Videobeweis, der von einem vierten Schiedsrichter, unter Zuhilfenahme der Kamerabilder, endgültig entschieden wird. Die Video Review erbrachte schließlich die korrekte Entscheidung: No Let für Matthew und somit Punkt für Elshorbagy zum Aufschlagwechsel und Spielstand von 9:9. Elshorbagy gewann schließlich den ersten Satz mit 11:9.
Unter dem Strich war also alles korrekt. Die Verantwortlichen müssen sich aber ein ums andere Mal die Frage gefallen lassen, ob die britischen Schiedsrichter, wenn auch ungewollt, einen englischen Spieler, alleine wegen der gemeinsamen Muttersprache, in eine günstigere Lage versetzen. Ein „Gschmäckle“ (schwäbische Umschreibung für einen dubiosen, undurchschaubaren Vorgang) bleibt also wieder einmal.