Matthew vs Dessouky im Canary-Wharf-Finale!
Die Halbfinal-Begegnungen bei den Canary Wharf Classic (PSA M70), im Londoner East Wintergarden, hatten es in sich. Nick Matthew (ENG, WRL 4) besiegt Paul Coll (NZL, WRL 16) mit 3:0-Sätzen. Fares Dessouky (Bild re, EGY, WRL 11) kämpft Borja Golan (Bild li, ESP, WRL 21) nach gut zwei Stunden Spielzeit in fünf Sätzen nieder.
Zwei Mal Generationen-Kampf in London!
Die Halbfinal-Begegnungen der mit 70.000 US Dollar dotierten Canary Wharf Classic stellten beide den Kampf eines altgedienten PSA-Profis gegen einen jungen Herausforderer dar – auf der einen Seite Nick Matthew und Borja Golan, auf der anderen Seite Paul Coll und Fares Dessouky. Erstere seit Jahren im Squash-Geschäft, auf eine lange Profikarriere zurückblickend. Letztere jung und hungrig eine solche zu durchlaufen, beide vor kurzem unter die Top 20 der Welt gekommen. Coll der (Super-) Mann der Stunde, Dessouky einer der zahlreichen Vertreter der omnipotenten Squash-Nation Ägypten.
Teil eins: „The Wolf“ Matthew vs „Superman“ Coll!
Der topgesetzte Nick Matthew und sein Kontrahent Paul Coll standen sich zum ersten Mal als Gegner im Court gegenüber. Bei der Spielervorstellung mit Einblendung der statistischen Fakten wurde schon deutlich, wer da gegeneinander antreten sollte: Nick Matthew. Alter: 36 Jahre. Profi seit: 1998. Seit dem Jahr 2009 unter den besten Vier der Weltrangliste. In den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2014 an Position eins der Welt.
Auf der anderen Seite der 24-jährige Paul Coll. Mit Position 16 auf der höchsten Position seiner seit dem Jahr 2011 andauernden PSA-Karriere. Stetig in der Weltrangliste gestiegen und zuletzt durch Siege über favorisierte Gegner aufgefallen. Ein Mann mit scheinbar unbändigem Trainingseifer und daraus resultierender eiserner Physis. Matthew dagegen mit der Verletzungsanfälligkeit eines in die Jahre gekommenen Gladiators. Doch auch mit der Erfahrung aus den vorangegangenen zahlreichen großen Kämpfen. Dass mit Neil Guirey sein Fitness-Coach mit ihm in der Ecke ist, zeigt worauf es beim Sheffielder ankommt: auf die Physis, denn Squashspielen kann er ja erwiesenermaßen.
Matthew diktierte von Beginn an das Geschehen. Durch kluges Verteilen der Bälle versuchte er die Stärken des jungen Neuseeländers zu entschärfen. Er verzögerte Schläge, variierte das Tempo und vermied das Spiel nach vorn, denn da scheint Coll am gefährlichsten. Wenn der Engländer kurz spielte dann meist gewinnbringend und das nur, nachdem er den Schlag geduldig, durchdacht vorbereitete. Auf diese Weise kontrollierte der „Wolf“, wie Matthew von den Squash-Kommentatoren genannt wird, den „Superman“ Coll, der öfters durch den Court zu fliegen pflegt, scheinbar nach Belieben und gewinnt klar in drei Sätzen. „Ich habe mir sein Spiel zuvor genau angeschaut und wollte noch ein paar Mal gewinnen, bevor er richtig gut ist“, sagte Matthew augenzwinkernd nach dem Match.
Teil zwei: „El Toro“ Golan vs „Fearless Fares“ Dessouky!
Die Spitznamen der Spieler, die fast schon an die im Wrestling erinnern, wurden zumeist von den Squash-Kommentatoren Joey Barrington und Paul „PJ“ Johnson verliehen. Sie werden von den Akteuren aber meist gerne angenommen. So ziert „El Toro“ – der Stier – die Rückseite von Borja Golans Shirt. „The Spanish Bull“, wie ihn Barrington öfters nennt, zeigte auch wieder eine Menge seines gefürchteten Temperaments. „Ich habe gegen Borja in den vergangenen fünf Niederlagen die Erfahrung gemacht, dass es nicht nur physisch, sondern vor allem mental eine große Herausforderung werden wird, es ist gegen ihn nicht nur Squash sondern auch viel drum herum“, sagte Dessouky nach dem Match.
Dies war es nicht nur für die Spieler, auch die Schiedsrichter John Masserella und Video-Referee Ralf Harenberg hatten jede Menge zu tun. Über fünfzig Entscheidungen, teils mit Video-Reviews trugen auch zu einer Gesamt-Spielzeit von 124 Minuten bei. Die teils verbittert geführten Ballwechsel waren oftmals von kniffligen Situationen durchsetzt. Oft mutmaßte der eine Squash-Kommentator „Let“, der andere „No Let“ und die Refs entschieden schließlich „Stroke“ – so nah liegen im Squash die Entscheidungen beieinander. Am Ende gewann Dessouky letztlich verdient mit 3:2-Sätzen. Man kann dem Ägypter nur wünschen, dass er mit zunehmender Erfahrung auch mehr und mehr Gelassenheit gegenüber sich produzierenden Schiedsrichter entwickeln möge. Kollege Greg Gaultier kann ihm im vorliegenden Fall sicher ein paar gute Tipps geben.
Somit lautet die Final-Paarung der Canary Wharf 2017 Nick Matthew gegen Fares Dessouky. Vier Mal standen sich die beiden bisher als Gegner im Court gegenüber – vier Mal verließ ihn der Engländer als Sieger. Das Match, das wieder den Generationen-Wechsel verkörpert, findet am Freitag, um 20:30 Uhr deutscher Zeit statt. Es kann wieder auf Eurosport Player live oder jederzeit danach, als Video on Demand, angesehen werden.