Europameisterschaft zweiter Klasse!
Schon seit dem ersten Event vor acht Jahren gab es bei den Top-Spielern kritische Stimmen, weil die Einzel-Europameisterschaften bislang nie mit Preisgeld ausgestattet wurden. Ebenso gibt es keine Weltranglistenpunkte. Dies hatte zur Folge, dass von Beginn an nicht alle Top-Spieler teilnahmen. Vor allem die englischen Spitzenspieler zogen es vor, dem Turnier fernzubleiben – kein James Willstrop (WRL 1), kein Nick Matthew (WRL 2), kein Peter Barker (WRL 7). Und so kam es, dass die beiden Franzosen, die bisherigen acht Titel unter sich ausmachten. Greg Gaultier (WRL 3) gewann sechs Mal (2004 bis 2008 und 2011) und Thierry Lincou (WRL 11) zwei Mal (2009 und 2010).
In diesem Jahr blieben, neben allen Engländern, auch Gaultier und Lincou der EM fern, so dass der frisch gebackene Deutsche Meister Simon Rösner (WRL 19) an Position eins gesetzt wurde. Eine solche Ausdünnung der Meldungen war eigentlich abzusehen, da der Europäische Squash Verband das Preisgeldlose Konzept unbeirrt weiterführte. Selbst als einige bekannte Veranstalter, wie der Engländer Paul Walters oder der Niederländer Tommy Berden, die EM übernehmen wollten und auch Konzepte vorlegten, die Preisgelder vorsahen, dachte man bei der ESF nicht über Veränderungen.
Ohne dabei einen möglichen EM-Titel von Simon Rösner in Frage zu stellen, aber ohne die Teilnahme von neun Europäern, die vor Rösner in der Weltrangliste stehen, bleibt leider nichts anderes übrig, als von einer EM zweiter Klasse zu sprechen. Allerdings sollte man die Hoffnung nicht aufgeben, dass den ESF-Funktionäre auch einmal ein Licht aufgeht und sie sich professioneller Hilfe nicht weiterhin verschließen, einfach dem Sport zuliebe.
Mittlerweile sind die EM-Halbfinale erreicht und drei der vier Topgesetzten haben sie bei den Herren erreicht. Am schwersten tat sich dabei Simon Rösner, der nach einem 0:2-Satzrückstand gegen den Franzosen Gregoire Marche (WRL 48) noch einmal das Ruder herumriss und mit einem 3:2-Sieg ins Halbfinale einzog. Hier wird der Paderborner auf den finnischen Lokalmatadoren Olli Tuominen (WRL 23) treffen, der sich im Viertelfinale klar gegen den Franzosen Julien Balbo (WRL 80) durchsetzte. Im zweiten Halbfinale stehen der Spanier Borja Golan (WRL 20) gegen den Franzosen Mathieu Castagnet (WRL 42). Zuvor hatte Golan leichtes Spiel mit dem jungen Finnen Henrik Mustonen (WRL 51). Castagnet sorgte für die einzige Überraschung im bisherigen Verlauf des Turniers, als er den an Position vier gesetzten Schweizer Nicolas Müller (WRL 24) 3:1 besiegte.
Auch bei den Damen fehlen die starken Engländerinnen, aber mit der Französin Camille Serme (WRL 10) und der Niederländerin Natalie Grinham (WRL 9) stehen zumindest zwei Top-10-Spielerinnen auf der Meldeliste. Grinham war bereits zwei Mal (2009, 2011) Europameisterin – Serme 2011 Vizemeisterin. Serme und Grinham treffen im Halbfinale auf die Schweizerin Gaby Huber (WRL 30) und die Tschechin Lucie Fialova (WRL 37). Somit müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn eine der beiden Außenseiterinnen das Finale erreichen sollte – zu groß ist der Abstand in der Weltrangliste.
Die Halbfinale der EM können im Internet per EM-Livestream angeschaut werden.