Patrick Gässler
Das habe ich mich am Wochenende auch gefragt (lacht). Im Großen und Ganzen aber ein klares Ja. Man muss aber auch sagen, dass mit dem einen oder anderen Quäntchen Glück am Wochenende noch mehr drin gewesen wäre. Robin Ebert (Deutscher Vize-Meister U17) hatte im dritten Satz bei einem Spielstand von 1:1 in Sätzen mehrere Satzbälle. Verwandelt er einen davon, stellt sich der Spielverlauf eventuell auf den Kopf. Aylin Günsav (Mädchen U19) verliert das kleine Finale hauchdünn mit 10:12 im fünften Satz und landet auf dem undankbaren vierten Platz – da war mehr drin. Man sieht aber, dass wir hier in Baden-Württemberg und insbesondere in Stuttgart auf einem guten Weg sind. Das zeigt auch Dennis Weltes dritter Platz, in der Altersklasse U11. Er konnte sich bei seiner ersten deutschen Jugendmeisterschaft sehr positiv in Szene setzen und gab bereits eine gute Visitenkarte ab. Die Krönung dieses Wochenendes war aber ganz klar Yannik Omlors Gewinn des Deutschen Meistertitels, in der Königsklasse U19. Ihm gönne ich es ganz besonders, weil er sich mit seinem Fleiß und Engagement in den letzten Monaten selbst den Traum des Titels erfüllt hat und eine große Vorbildfunktion im BW-Kader übernommen hat. Für ihn war es wohl die richtige Entscheidung, vor sechs Monaten seine Sachen zu packen wieder zurück zur Sport-Insel Stuttgart und zu mir als Trainer zukommen – in Stuttgart hat er ja auch das Squashspielen als Kind begonnen.
Das Wort "planbar" ist immer schwierig in Verbindung mit Jugendarbeit und Kindern. Da warten auf dem Weg durch die Pubertät bis hin zum Erwachsensein so einige nicht planbare Situationen. Das ist definitiv keine einfache Aufgabe. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben mir persönlich gezeigt, dass wenn man den Jugendlichen die Möglichkeiten gibt, sich weiterzuentwickeln, es auch immer einige dabei sind, die die Chance wahrnehmen wollen. Ich stelle es mir immer wie folgt vor: Ich gebe den Athleten die nötigen Skills, sich im Court auszudrücken und sie entscheiden, wie gut sie das machen wollen. Dementsprechend wird dann ihr Trainingsplan und Terminkalender gefüllt. So lernen die Jugendlichen schon früh, dass Erfolg auch harte Arbeit und ein wenig Verzicht ist.
Wer in der Nachwuchsarbeit Erfolg haben will, der muss unbedingt – bald meinen Blog auf squashnet.de lesen – Spaß beiseite, Nachwuchsarbeit muss vor allem ganzheitlich und mit viel Leidenschaft angepackt werden. Die Früchte werden dann kommen, wenn man mit der nötigen Geduld an die Sache geht. Jugendliche müssen vieles komplett neu lernen, das braucht seine Zeit. Diese muss man ihnen geben, sie fördern aber auch fordern. Findet man da eine gute Mischung, so kann es was werden. Und kleiner Tipp: Eine Sache ärgert die Jugendlichen explizit am meisten – und zwar wenn man sie nicht ernst nimmt. Sie haben mehr Plan von allem als viele Denken.
Interessante Fragestellung (lacht). Die Worte Pferde und Stall, kenne ich normalerweise nur im Zusammenhang mit meiner Freundin, die zwei Pferde hat. Aber um auf Yannik und Robin zurückzukommen, die Beiden sind schon echt coole Jungs. Die Arbeit mit ihnen macht sehr viel Spaß, auch wenn man ab und an zu Uhrzeiten eine Nachricht auf das Handy bekommt, wo der Pädagoge in mir die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Dann erinnere ich mich selbst daran, dass ich auch nicht besser war, hehe. Beide sind sehr, sehr zielstrebig und können im Squash noch weit kommen. Yannik ist ab September 2015 aus der Jugend heraus. Bei ihm wird sich dann erst einmal der Fokus auf die deutschen Ranglistenturniere verlagern. Dort konnte er sich bei den letzten Turnieren viel Respekt erarbeiten und kletterte auf einen starken 14. Platz in der deutschen Rangliste (Stand April 2015). Wenn alles wie geplant weiter läuft, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass er, nach seiner Abiturprüfung im kommenden Jahr, eine Profilaufbahn anstreben wird. Das Potential und den Fleiß hat er dazu allemal. Bei Robin haben wir da noch etwas mehr Zeit. Er entwickelt sich mit seinen erst 15 Jahren echt klasse und hat von den technischen und taktischen Voraussetzungen die Möglichkeit mit Gleichaltrigen im nationalen und internationalen Bereich mitzuhalten. Gerade international wird sich in den folgenden Monaten einiges tun, weil er in der nächsten Saison zum älteren Jahrgang gehört. Vielleicht packt er dann, wie Yannik bei den German Junior Open, auch ein Halbfinale bei einem Super-Series-Event (höchste Wertigkeit) der Europäischen Rangliste. Es wäre ihm zu gönnen!
Weil noch zu wenige mit mir trainieren! Nein nein, wieder Spaß beiseite, da gibt es meiner Meinung nach mehrere Faktoren: Einer davon ist, dass wir in den letzten Jahren verpasst haben, die Breite im Jugendbereich zu stärken. Man merkt einfach, dass zu wenig Vereine und Verbände ganzheitlich die Jugendarbeit betrieben haben. Viele beginnen jetzt erst wieder und dann benötigt das natürlich Zeit, bis die geeigneten Maßnahmen herausgefunden werden und aber auch die nötigen finanziellen Mittel aufgetrieben sind. Auch der Trainerbereich scheint in Deutschland ein wichtiger Faktor zu sein. Dadurch, dass es zu wenig proffessionelle Trainer gibt, sinkt das Niveau der Squash-Spieler insgesamt. Wer soll es ihnen auch zeigen. Das ist wahrscheinlich die wichtigste Stellschraube, an der man drehen könnte, um langfristig im internationalen Bereich wettbewerbsfähig zu sein. Gute Trainer fördern und den Nachwuchstrainern eine Zukunft bieten wäre ein Konzept. Man darf sich nicht von den Erfolgen der momentanen Herrennationalmannschaft blenden lassen, die Jungs um Simon Rösner sind sehr gut und zu Recht in den Top 3 in Europa. Aber dahinter haben wir wieder ein klaffendes Loch. Man sieht speziell im Jugendbereich, dass die Jahrgänge schon lange nicht mehr um die Medaillen bei den Junioren-Europameisterschaften spielen. Das muss sich meiner Meinung nach ändern, weil wir ein großes Land mit viel Squash Tradition sind. Wenn sich jeder gute Squasher von damals und heute, einen Jugendlichen an die Hand nimmt und mit ihm ein, zwei Mal in der Woche spielt – was denkt ihr, wie viele gute Jugendliche dann in Deutschland rumspringen würden?
Ich habe vor mehreren Jahren angefangen auch die Trainerscheine zu machen. Dort habe ich momentan den Status als Trainer mit B-Lizenz für Leistungssport und bin Honorartrainer des Deutschen Squash Verbands (DSQV). Der Trainer A-Schein soll bald folgen, allerdings muss man zwischen B und A Schein zwei Jahre Arbeitserfahrung sammeln. Was mich und meine Schüler unheimlich weiter bringt, sind die Erfahrungen als ehemaliger Nationalspieler und Squash-Profi. Die Situationen, in denen meine Athleten heute sind, habe ich meist schon selbst erlebt. Das hilft mir und ihnen sehr weiter.
In der Jugend hat mich vieles geprägt, aber am meisten habe ich bei den internationalen Jugendturnieren gelernt. Hier kann man sich mit den Gleichaltrigen weltweit messen. Da geht es schon etwas anders zur Sache als auf nationaler Ebene. Viele unterschiedliche Kulturen heißt oft auch viele unterschiedliche Einstellungen zur Fairness und wie man den Gegner behandelt. Im Nachhinein bin ich sehr froh über jeden einzelnen Punkt, den ich dort gespielt habe. Natürlich waren nicht nur unfaire Gegner dabei. Mit vielen Spielern von früher halte ich durch soziale Netzwerke noch immer Kontakt, und sind sehr gute Freunde geworden.
Das ist eine sehr gute Frage. Das ein oder andere wird sich noch in den nächsten Monaten herauskristallisieren, dann kann auch der mittelfristige Weg abgestimmt werden. Sehr interessant wird dabei natürlich die Frage, wie lange der Aufbau der abgebrannten Sport-Insel benötigt. Als langfristiges Ziel möchte ich mir meine Sporen, als Trainer von Weltranglistenspielern, verdienen und einen guten Mix aus Topspielern und Nachwuchs Athleten betreuen.
Hehe, schauen wir mal wie weit mich meine "alten" Knochen noch bringen. Die Top-Jungs in Deutschland sind echt stark geworden, muss ich zugeben (lacht). Im Moment macht es mir sehr viel Spaß, Ich mache das Comeback hauptsächlich für meine Trainingsgruppe in Stuttgart. Durch die Matchpraxis auf solchen Turnieren hebe ich mein Leistungspensum noch weiter an. Sie bekommen dadurch einen guten Trainingspartner, der Qualität im Training hat und trotzdem als Coach immer mit beiden Augen bei ihnen ist. Auf den Turnieren genauso wie im Training.
Alexander Lukasch führte das Gespräch für squashnet.de…