Weber verzaubert den „Hexer“!
Bei den 38. Deutschen Meisterschaften floss ein wenig Blut, aber viel Schweiß und die erste Überraschung am zweiten Tag war perfekt: Im Wormser Clubduell zwischen dem 29 Jahre alten André Haschker (in Squashkreisen der Hexer genannt) und seinem vier Jahre jüngeren Teamkameraden Tim Weber (Bild) trafen die Nummer vier und fünf der Setzliste aufeinander. Haschker galt als Favorit, doch Weber hatte bereits am Donnerstag gegen Norman Junge (Paderborner SC) gezeigt, dass wieder mit ihm zu rechnen ist.
Der 25-Jährige, der für Schängel SC Koblenz und Bremen in der Bundesliga spielte, hat nach einigen Durchhängern wieder den richtigen Biss. Der oft als schlampiges Genie titulierte, ging als klarer Außenseiter ins Match. „Ich wollte mich nicht abschlachten lassen, zumal ich gestern ein langes und hartes Match hatte.“ Das gesamte Spiel gegen Haschker war äußerst umkämpft. Bei einer unglücklichen Bekanntschaft mit Haschkers Schläger floss im dritten Satz sogar ein wenig Blut. Doch nach kurzer Unterbrechung konnte Weber weiterspielen. Und er fühlte sich mit zunehmender Spieldauer wohler im Court – ihm gelangen im dritten und vierten Satz traumhafte Shots.
„Er hat einfach aggressiver gespielt“, meinte Simon Rösner, der seinen morgigen Halbfinalkontrahenten sich auf dem gut besuchten Center-Court anschaute. Der gebürtige Würzburger, der für Paderborn spielt, hatte am Nachmittag wenig Mühe, den Teamkollegen von Tim Weber, Carsten Schoor, in drei Sätzen auszuschalten. Ganze 13 Punkte gönnte er seinem Gegner. „Alles oder nichts“, lautet die Devise bei Tim Weber fürs Halbfinale am Samstagnachmittag. Tatsächlich hat er gegen den sechsfachen Deutschen Einzelmeister nichts zu verlieren. Der Einzug ins Halbfinale ist für ihn schon ein toller Erfolg. Ist es doch erst das zweite Mal nach 2007, dass er unter den besten Vier steht.
Lob gab es auch vom Bundestrainer Oliver Pettke: „er hat kaum Fehler gemacht und sehr druckvoll agiert. Zur Zeit haben wir so viele gute Spieler für die Nationalmannschaft, dass es einem schon leid tut, wenn der eine oder andere dann zu Hause bleiben muss, obwohl er es verdient hätte.“
Es war nichts für schwache Nerven, was den Zuschauern auf den gut besetzten Rängen im Pink Power beim zweiten Teil der Viertelfinalspiele der Deutschen Einzelmeisterschaft am Freitagabend geboten wurde. Herausragend und ein Krimi der Hitchcock Konkurrenz gemacht hätte, war das Match zwischen Raphael Kandra (Paderborner SC) und Rudi Rohrmüller (Squash Inn Hamborn). Der gebürtige Rosenheimer Rohrmüller, der für Nord-Duisburg in der Bundesliga spielt, legte einen erstklassigen Start hin: Präzises Longline-Spiel wechselte mit gefühlvollen Stopps, so dass der Fürther Kandra, der für die Paderborner zum Schläger greift, ein ums andere Mal in Verlegenheit und schließlich ins Hintertreffen geriet. Im dritten Satz wendete sich das Blatt, der frischgebackene PSA-Turniersieger, der am Dienstag aus Kanada eingeflogen war, fand zu seinem Rhythmus. „Das war das erste Mal, dass ich dachte, es könnte heute noch was werden mit dem Sieg“, erzählte der Paderborner hinterher. Auch den vierten Satz gewann Kandra. Im fünften und entscheidenden Satz wogte das Spiel hin und her, bis Rohrmüller mehrere perfekte Schläge setzte und beim Stand von 10:6 vier Matchbälle hatte. „In dem Augenblick habe ich nur noch auf Ballhalten gespielt, aber eigentlich gedacht, dass es vorbei ist“, gab der 22-jährige Paderborner offen und ehrlich zu. Doch es war nicht vorbei. Der 21 Jahre alte Rohrmüller vergab die vier Matchbälle, auch den fünften und sechsten. Kandra machte es besser und verwandelte anschließend seinen ersten zum glücklichen Fünfsatzsieg nach 67 Minuten Spielzeit und zum Einzug ins Halbfinale.
Dort trifft er auf den Wormser Jens Schoor. „Hoffentlich reicht mir die Kraft für das schwere Spiel, mein Traum ist ein Finale gegen meinen Paderborner Clubkameraden Simon Rösner“, so Kandra. Jens Schoor hatte den leichteren Weg ins Halbfinale. Er hatte es mit dem Stuttgarter Lokalmatador Ben Petzoldt zu tun. In keinem Satz konnte der Stuttgarter, der bei der Sport-Insel normalerweise auf Position vier in der Bundesliga spielt, dem international erfahrenen Jens Schoor Paroli bieten. Der 25-Jährige, mittlerweile Nummer 83 der Welt, setzte Petzoldt permanent unter Druck und zwang diesen zu Fehlern. Nach drei Sätzen war das ungleiche Viertelfinale beendet und die Halbfinals komplett.
Bei den Mädchen blieb ebenfalls eine Überraschung nicht aus. Die ungesetzte Caroline Sayegh (Rosenheimer Squashverein) gewann gegen die an Nummer vier gesetzte Jessica Reichart (TSC Heuchelhof) nach vier ausgeglichenen Sätzen im fünften relativ glatt. Wie viel der Sieg wert ist, zeigt sich am Samstag im Halbfinale gegen die an Nummer eins gesetzte Pamela Hathway (SC Deisenhofen), die ihre Taufkirchner Konkurrentin Sonja Elsayed in drei Sätzen bezwang..
Im unteren Teil des Damen-Tableaus blieb die die Überraschungen aus. Zunächst war es die Paderbornerin Franziska Hennes, die gegen Nicole Fries (SC Monopol Frankfurt glatt in drei Sätzen gewann. Im letzten Damenspiel des Abends siegte Annika Wiese die zweite Paderbornerin gegen Sharon Sinclair ebenfalls SC Monopol Frankfurt in drei Sätzen. Damit kommt es am Samstag zum direkten Aufeinandertreffen der beiden Paderbornerinnen Hennes und Wiese, während das zweite Halbfinale die Favoritin Pamela Hathway und die 19 Jahre junge Caroline Sayegh bestreiten. Sayegh zeigte sich überglücklich über ihren ersten Einzug in ein Halbfinale bei den Deutschen Einzelmeisterschaften. Und sie ist optimistisch, dass noch mehr drin ist. „Letztes Jahr habe ich Pamela Hathway schon geschlagen.“
Viele Bilder finden Sie in der DEM-Galerie des internationalen Squash-Fotografen Jordan Mansfield.